1/2025 Begegnung Sie hat in der Regel keinen guten Ruf: die Kritik. Ganz anders als Komplimente. Sachlich ist Kritik erst einmal nichts anderes als das Beurteilen eines Gegenstandes oder einer Handlung. Und – sie kann durchaus auch hilfreich sein, um künftig Fehler zu vermeiden, sich besser auf Situationen einzustellen, etc. Den Deutschen sagt man allerdings nach, eher Kritiker und Nörgler zu sein, statt Komplimente zu verteilen oder zu loben. Wie sehr das verhaftet ist, zeigte mir eine Begegnung mit Technikern. Überprüfung unserer Gasleitung war angesagt. Zwei Fachleute würden kommen. Wir hatten das turnusmäßig schon mehrfach erlebt. Die beiden Herren waren superpünktlich und stellten sich freundlich mit Namen und Anliegen vor. Auch olfaktorisch verbreiteten sie eine angenehme Aura (wir hatten schon schwer schweißgetränkte Dienstleister im Haus). Mitgebracht hatten sie zudem Überschuhe und Reinigungsgerätschaften. Sie fragten höflich, wo sie sich umschauen könnten, und gaben die etwaige Zeitdauer ihrer Arbeiten schon vorab an. Ich war sprachlos ob des perfekten Auftretens. Wie angekündigt, hatten sie die Arbeiten in der angegebenen Zeit erledigt und nicht eine Krume Schmutz oder dergleichen hinterlassen. Als sie sich genauso freundlich verabschieden wollten, wie sie gekommen waren, bat ich die beiden um die Angabe eines Kontaktes zu ihrem Vorgesetzten. Die Männer versteinerten und fragten, was nicht ok gewesen sei? Meine Antwort: „Nichts. Im Gegenteil, alles war so perfekt, dass ich das gern direkt an die entsprechende Stelle weitergeben möchte.“ Die Minen veränderten sich deutlich. „Sonst kommt immer nur Kritik an. Was anderes erwarten wir schon gar nicht mehr“, so der Kommentar der Techniker. Dabei können ehrliches Lob, Wertschätzung und Komplimente viel bewirken. Also: Bitte mehr davon und weniger Nörgelei. CoWo Kritik versus Kompliment Constanze Wolf 7
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